Impulstexte
Hören
Dienstags habe ich Orgeldienst. Aber nein: Orgel spielen kann ich leider nicht. Seit unserem Umzug in unser neues Haus haben wir in unserer Kapelle eine Orgel, die sowohl – Wunderwerk der Technik - programmierbar ist und dann automatisch spielt, als auch von einem Organisten oder einer Organistin bespielt werden kann. Sonntags haben wir in der Regel einen Organisten, aber werktags programmiert eine Schwester die Orgel. Anders als ein Organist, der sich auf seine Gemeinde einstellen kann, ist das mit der Automatik natürlich nicht möglich. Die Orgel gibt das Tempo und den Rhythmus des Gesangs vor, und je nachdem, wer die programmierten Lieder vorher eingespielt hat, kann das schon mal ganz anders ausfallen, als wir Schwestern das jahrelang gewohnt sind. Gepaart mit dem nicht mehr ganz so guten Gehör der Sängerinnen ist das nicht immer vollendet harmonisch. Als bei einem Lied, das wir anders kennen, die meisten Schwestern und der Pfarrer mit lauter Stimme gegen die Orgel ansangen, erschien mir das wie ein Gleichnis dafür, wie wichtig das Hören ist.
Wie dem gemeinsamen Gesang tut es auch unserem Zusammenleben gut, aufeinander zu hören. Da geht es nicht darum, sich mit seiner Stimme oder seinen Argumenten durchzusetzen. Wenn ich nur versuche, durch Lautstärke die anderen zu übertönen, entsteht keine Harmonie. Nehme ich mich auch mal zurück, kann ich hören, wie die anderen singen bzw. was sie sagen, wie es ihnen geht, was ihnen wichtig ist … So fällt es mir leichter, mich auf sie einzustellen. Zusammen und jeder für sich auf die Orgel zu hören, ist genauso wichtig. Sie gibt Melodie und Takt vor. Sinnbildlich könnte sie für Gott stehen. Im persönlichen und gemeinsamen Hören auf ihn, ergibt sich die Melodie unseres Lebens.
Beides gehört dazu: Auf die Mitsänger/innen hören und auf die Orgel, einander Gehör schenken und Gott. Dann klingen die Stimmen wirklich zusammen, dann erklingt eine „Symphonie“, griechisch wörtlich „Zusammenklang“. Der heilige Ignatius von Antiochien beschreibt es in Worten seiner Zeit so: „Nehmt Gottes Melodie in euch auf. So werdet ihr alle zusammen zu einem Chor, und in eurer Eintracht und zusammenklingender Liebe ertönt durch euch das Lied Jesu Christi. Das ist das Lied, das Gott, der Vater, hört – und so erkennt er euch als die, die zu Christus gehören.“
Sr. Silvia-Johanna
Wer ohne Sünde ist ...
Als ich mit meinem evangelischen Vater vor einiger Zeit eine katholische Kirche besichtigte, meinte er beim Anblick der Beichtstühle: „Die brauchst Du ja nicht mehr. Du sündigst ja nicht.“ Wie bitte? Ich war zunächst sprachlos. Auf mein Nachfragen stellte sich heraus, dass mein Vater meinte, seitdem ich im Kloster sei, sei ich über jede Sünde erhaben. Er wollte dann tatsächlich wissen, wie und was ich denn noch sündigen könne. Offenbar verbanden mein Vater und ich unterschiedliche Vorstellungen mit dem Begriff Sünde. Ich konnte ihn dahingehend beruhigen, dass ich natürlich nicht stehle, keinen Ehebruch begehe und niemanden umbringe. Aber bin ich deswegen ein „Engel“ und praktisch „sündenfrei“?
Ich kann mich dem anschließen, was Paulus in seinem Brief an die Römer (7,18-19) von sich bekennt: … das Wollen ist bei mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu verwirklichen. Ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will.
Trotz aller guter Vorsätze passiert es zum Beispiel, dass ich genervt reagiere, wenn das Telefon zum x-ten klingelt oder jemand etwas von mir will, ich aber gerade zu tun habe oder mal meine Ruhe haben will. Oder ich spüre, dass ich ungeduldig werde, wenn jemand nicht sofort versteht, was ich zu erklären versuche. Oder ich bin beim Beten gedanklich ganz woanders. Ein anderes Mal merke ich, dass ich jemanden beurteile, obwohl ich das gar nicht will. Die Liste ließe sich fortsetzen. Und vielleicht lässt sich darüber diskutieren, ob das nun bereits Sünde ist. Manchmal erscheint es mir so, als schwanke ich zwischen dem perfekten Glaubensanspruch und meinen eigenen Vorstellungen vom guten Leben. Letztlich ist für mich aber all das Sünde, was meine Beziehung zu Gott und den Menschen stört. Natürlich nicht mit voller Absicht, aber irgendwie passiert es immer wieder mal. Es scheint im Menschen zu liegen, dass er nicht immer nur gut sein kann – zumindest in mir. Vielleicht ist es das, was „Erbsünde“ genannt wird: Auf dieser Erde kommt man einfach nicht völlig raus aus der Nummer.
Darum ist mir ein Zitat von Papst Franziskus so sympathisch: Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat.
Unter diesem liebenden, verständnisvollen, bestimmt auch humorvollen Blick Gottes darf ich es wagen, nicht aufzugeben. Jeden Tag darf ich auf‘ s Neue zu beginnen und darauf vertrauen, dass Seine Geduld mit mir weit größer ist als meine eigene.
Sr. Silvia-Johanna
Klima wandeln
Es ist nicht zu übersehen: Unser Klima verändert sich.
Auf meiner frühmorgendlichen Walkingstrecke um den Aasee konnte ich mal wieder feststellen, dass es manche Zeitgenossen mit dem Klima- und Umweltschutz immer noch nicht so genau nehmen. Auf einer Wiese fanden sich die achtlos weggeworfenen Hinterlassenschaften einer Party – leere Flaschen, Dosen, Verpackungen und Müll aller Art. Und die leere Mülltonne stand direkt daneben … Das war mal wieder ein Beispiel dafür, warum ich beim Thema Klimawandel längst nicht mehr allein an die Natur und Umwelt denke, an die dynamischen Prozesse der Erdatmosphäre, die sich in den Temperaturen, Niederschlagsmengen und Wettererscheinungen zeigen.
Mir scheint, dass auch unser zwischenmenschliches Klima bedroht ist. Wenn ich die Nachrichten höre, habe ich den Eindruck, dass Egoismus, Aggressivität und Respektlosigkeit gegenüber dem Leben, der Gesundheit und dem Eigentum anderer immer mehr um sich greifen. Ich gebe zu: Das erschreckt mich total. In einem Radiobericht versuchte ein Soziologe diese „Hauptsache-ich-Mentalität“ mit den Einschränkungen der persönlichen Freiheit aus der Corona-Pandemie zu erklären, die verständlicherweise Ängste geschürt haben. Das habe bei manchen Menschen eine Art Nachholbedarf ausgelöst nach dem Motto: Das steht mir jetzt zu.
Ich finde: Es ist Zeit für einen zwischenmenschlichen „Klimawandel“. Dazu braucht es gar nicht viel – ein wenig Freundlichkeit, Höflichkeit, Wertschätzung und Aufmerksamkeit reichen bereits aus, um die Atmosphäre in meinem Umfeld zu verbessern, und kosten nichts. Jesus hat uns übrigens vorgelebt, wie das geht mit der Menschenfreundlichkeit. Und stellen Sie sich mal vor, das macht jeder! Da könnte man glatt eine Vorstellung davon bekommen, was Jesus mit dem Reich Gottes, das bereits auf Erden beginnt, gemeint haben könnte …
Und das Beste: Ich brauche nicht erst zu warten, bis endlich irgendwelche entsprechenden Gesetze und Verordnungen erlassen sind, sondern kann jederzeit damit beginnen. Machen Sie mit?
Sr. Silvia-Johanna
erfrischend
In diesem Sommer prägte das Wasser meine Ferien – Wanderungen um viele stille Waldseen, Ausflüge an die Ostsee, ein Besuch bei einer Freundin, die an einem Fluss lebt.
An heißen Tagen hatten meine Freunde und ich manchmal das Gefühl, dass bereits das Plätschern eines Brunnens oder das Rauschen eines Baches bei einer Wanderung die Hitze etwas milderte.
Wasser ist Leben. Das wissen wir nicht erst, seitdem unsere Sommer immer heißer und trockener werden. Unser Körper besteht bis zu 70 % aus Wasser. Wir kommen im Ernstfall ca. 60 Tage ohne Nahrung aus, können ohne Wasser jedoch allerhöchstens eine Woche überleben. Wasser verspricht zudem Erfrischung, Reinigung, Belebung.
An meinem letzten - sehr warmen - Urlaubstag durften wir noch etwas ganz Besonders erleben, bei dem Wasser eine wichtige Rolle spielte: An einem See wurden 31 Menschen getauft – Babys, Kinder, Jugendliche und auch einige Erwachsene. Die größeren Kinder und Erwachsenen tauchten dabei ganz in die Fluten des Sees ein. Erfrischung an Leib und Seele! Das konnte ich mir gut vorstellen.
Besonders bewegt hat mich, dass sich die älteren Täuflinge bewusst selbst für diese Taufe, für ein Leben mit Gott, entschieden haben, während die Entscheidung bei den Kleinkindern ja von den Eltern getroffen wurde.
Das Untertauchen im Wasser oder das Übergießen mit Wasser bei der Taufe ist ein Bild für Jesu Tod, das Auftauchen symbolisiert die Auferstehung und steht für den Neubeginn mit Gott.
Im Johannesevangelium (4,1-26 – unbedingt nachlesenswert!) verheißt Jesus der Frau am Jakobsbrunnen lebendiges Wasser: „Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.“
Jesus verspricht uns mehr als nur das Löschen unseres körperlichen Durstes, sondern nichts Geringeres, als unseren Lebensdurst zu stillen und uns eine Hoffnung über den Tod hinaus zu geben. Als Getaufte sind wir nicht gefeit vor den Wechselfällen des Lebens. Aber egal was passiert – für immer gilt: Wie Gott Jesus in dessen Taufe zugesprochen hat „Du bist mein geliebter Sohn“, so nimmt er auch uns in der Taufe an als seine geliebten Kinder. Er wendet sich uns zu und bleibt an unserer Seite.
Es tut gut, sich ab und zu in stillen Momenten diese unwiderrufliche Zusage Gottes wieder neu bewusst zu machen.
Sr. Silvia-Johanna
Darf ich bitten?
Vielleicht finden Sie das ja seltsam: Obwohl ich Meditation und Stille liebe und nicht ohne leben könnte, tanze ich total gerne. Damit meine ich jetzt aber nicht meditatives Tanzen, sondern ich liebe alles, was - wie es unser Bundeskanzler wohl ausdrücken würde - „Wumms“ hat. Standard, Discofox, Freestyle zu Rock, Pop, Schlager – ganz egal, solange es erkennbare Melodie und einen fetzigen Rhythmus hat. Da es im Ordensleben nicht wirklich viel Gelegenheit zum Tanzen gibt, „überkommt es“ mich manchmal: Dann muss beim Putzen der Wischmopp als Tanzpartner herhalten oder ich lege „meine“ Musik auf und tanze eine Viertelstunde mal so richtig ab. Gut, dass es keine versteckten Kameras gibt! Es tut mir gut, mich sozusagen mit Leib und Seele ganz auf den Rhythmus der Musik einzulassen und die Beweglichkeit meines Körpers zu spüren.
Manchmal sprechen mich auch die Liedtexte zusätzlich besonders an. Häufig höre ich einen Refrain oder eine Stelle, die wirklich auf die Beziehung Gottes zu uns/mir und zu meinem aktuellen Gefühl passt.
Hören Sie diese Lied-Texte mal von Gott her an Sie! Zum Beispiel „All of me“ von John Legend, das aus diesem Grund sogar bei der Konfirmation meiner Nichte gespielt wurde:
Cause all of me loves all of you.
Love your curves and all your edges,
all your perfect imperfections.
Give your all to me, I’ll give my all to you.
You’re my end and my beginning.
Even when I lose, I’m winning.
Cause I give you all of me.
And you give me all of you
(Denn alles von mir liebt alles von dir.
Liebe deine Kurven und all deine Kanten,
deine ganze perfekte Unvollkommenheit.
Gib mir dein Alles und ich gebe dir mein Alles.
Du bist mein Ende und mein Anfang.
Selbst wenn ich verliere, gewinne ich,
denn ich gebe dir alles von mir.
Und du gibst mir alles von dir.)
Oder von Matthias Reim – passt wirklich in beide Richtungen:
Du bist mein Glück
groß wie ein Planet.
Du bist die Sonne,
die niemals untergeht.
Du bist mein Mond,
der meine Nacht erhellt.
Du bist mein Stern,
der nie vom Himmel fällt.
„You raise me up“ von Westlife ist für mich Gebet pur:
You raise me up, so I can stand on mountains.
You raise me up, to walk on stormy seas.
I am strong, when I am on ‚your shoulders.
You raise me up to more than I can be.
(Mit deiner Kraft kann Berge ich bezwingen,
durch dich besieg ich selbst die rauste See.
Ich fühl mich stark mit dir als mein Begleiter,
wachs über mich hinaus durch deine Näh‘.)
In solchen Momenten kann Tanzen für mich genauso Gebet sein wie die Meditation, und ich fühle mich ein wenig wie in der Geschichte vom tanzenden Gaukler, der Mönch wird und für Gott tanzt, weil er Psalmen-Beten nie gelernt hat.
Wann tanzen Sie das nächste Mal?
Sr. Silvia-Johanna
Reiselust

Du musst nicht über die Meere reisen, musst keine Wolken durchstoßen und nicht die Alpen überqueren. Der Weg, der Dir gezeigt wird, ist nicht weit. Du musst Deinem Gott nur bis zu Dir selbst entgegengehen. (Bernhard von Clairvaux)
Die Suche nach Gott steht für die meisten von uns wahrscheinlich nicht gerade im Vordergrund unserer Reiselust: endlich mal den Alltag hinter sich lassen, Ruhe, den eigenen Horizont erweitern und neue Kulturen, Länder und Menschen kennenlernen, sportliche Herausforderungen, Abenteuerlust, Natur genießen oder einfach nur mal entspannen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, …
Die Urlaubsentscheidung ist – auch vor dem Hintergrund dramatisch gestiegener Preise - gar nicht so einfach: Berge, Meer oder Städtetrip? Hotel, Ferienwohnung oder Camping? Pauschal oder individuell? Bequem mit dem Auto oder lieber mit dem Zug? Flugreise oder doch die erträumte Kreuzfahrt? Ist das angesichts des Klimawandels überhaupt noch vertretbar? So viele Fragen! Und dennoch scheint unsere Reiselust ungebrochen zu sein.
Ein Zitat von Kurt Tucholsky bringt aus meiner Sicht unser Fernweh gut auf den Punkt: Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und uns eine Ferienzeit, die uns wieder in Verbindung bringt mit unserer im Alltag so oft verschütteten tiefsten Sehnsucht. Und wer weiß? Vielleicht wird uns dann die Erfahrung geschenkt, dass Gott uns ganz nahe ist – in uns, in seiner Schöpfung, in wunderbaren Erlebnissen und Begegnungen.
Ob in der Nähe oder in der Ferne – schöne Ferien!
Sr. Silvia-Johanna
Mittendrin

Dienstags beten wir die Laudes bei jedem Wetter mit geschlossenen Kapellenfenstern, denn selbst wenn die Fenster zu sind, hört man deutlich, dass während unseres Morgengebetes in der Nachbarschaft die Müllabfuhr schon sehr aktiv ist. Auch wenn ich allein beten möchte, geht es mir häufig so: Kaum habe ich mich zur Meditation niedergelassen, setzt irgendwo im Haus jemand den Bohrer an oder schlägt einen Nagel in die Wand. Immer aber höre ich beim Beten den frühmorgendlichen oder abends den letzten Berufsverkehr.
Ich gebe zu, dass mich so eine Geräuschkulisse zu Beginn meines Ordenslebens manchmal genervt hat. Ich musste einsehen, dass die Welt natürlich nicht aufhört, sich weiter zu drehen, nur weil ich mir gerade Stille zum Beten wünsche. Zunehmend spürte ich allerdings Dankbarkeit dafür, dass es zu unserem Leben gehört, den Tag betend in (relativer) Stille beginnen zu dürfen, bevor wir uns den Anforderungen des neuen Tages stellen, und ihn am Abend ebenso mit Gott zu beenden. Das empfinde ich immer noch so. Ich stellte mir vor, wie der Tag der Menschen im Berufsverkehr wohl begonnen hat und welchem Beruf sie vielleicht nachgehen. Ich begann für sie zu beten. Ist es nicht ein schöner Gedanke, dass es weltweit Klöster gibt, in denen bedingt durch die unterschiedlichen Zeitzonen rund um die Uhr in den Anliegen der Menschen und stellvertretend für sie gebetet wird?
Die Müllabfuhr erinnert mich jeden Dienstag daran, wo Gott zu finden ist und wo der Glaube an ihn seinen Platz hat – in der Welt und mitten im Leben. Dort zeigt es sich, wie ernst es mir mit Gott ist: In der Art und Weise, wie ich den ganz normalen Alltag mit seinen Herausforderungen lebe, wie ich meinen Mitmenschen begegne und wie offen ich dafür bin, Gott in manchmal ganz kleinen Dingen zu begegnen. Ich glaube, dass solche ganz unspektakulären, persönlichen Glaubenszeugnisse in einer Zeit, in der die Kirche sich in einer schweren Krise befindet und Gott im Leben vieler Menschen kaum noch eine Rolle spielt, immer wichtiger werden.
Vielleicht tun wir mitten in der Welt auf diese Weise genau das, was die 1964 verstorbene französische Sozialarbeiterin, Poetin und Mystikerin Madeleine Delbrêl so nennt: „Gott einen Ort sichern“ …
Den Mitarbeiter/innen der Müllabfuhr bin ich dankbar für ihren Dienst – sie haben jeden Dienstag einen festen Platz in meinem Gebet!
Sr. Silvia-Johanna
Nachösterlich

Nach Ostern durfte ich acht Tage Exerzitien in unserem Haus Emmaus machen, zu dem ein schöner Garten gehört und das umgeben von Wald und Feldern liegt. Ich freute mich auf die Tage in Schweigen und Stille, auf mehr Zeit zu Gebet und Meditation. Mindestens genauso groß war allerdings auch meine Vorfreude auf viel Zeit mit Sport und Bewegung in der wunderschönen erwachenden Natur.
Meine Exerzitien begannen mit einem nasskalten Tag mit strömendem Dauerregen – nicht unbedingt das, was ich erhofft hatte… Als ich am nächsten Morgen die Vorhänge öffnete, regnete es immer noch, und alles erschien mir grau in grau. Beim Hinausblicken in den tristen Morgen fiel mir auf, wie viele verschiedene Grüntöne ich dennoch in der Natur unterscheiden konnte. Die Farben waren also trotzdem da. Es war keineswegs nur grau. Durch das fehlende Sonnenlicht fehlte den Farben aber die Leuchtkraft.
Rückblickend wurde mir die Parallele zu meinem Leben neu deutlich: Christus hat mein Leben ebenfalls hell gemacht. Mit Ihm hat alles Schöne noch mehr Strahlkraft, und das Schwere (auch die aktuelle Coronazeit) wird mir erträglicher, weil ich daran glaube, dass Er an meiner Seite ist und es mit mir trägt.
Die Bibel spricht immer wieder von Jesus als Licht der Welt. Im Johannesprolog heißt es zum Beispiel: Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. (Joh 1, 9). Viele Kirchenlieder und Hymnen besingen Christus als den, der unser Leben hell macht, z. B. „Morgenstern der finstern Nacht“ (GL 372), „Christus, du bist der helle Tag“ (GL 90) und viele mehr.
Haben wir nicht genau das vor wenigen Wochen zu Ostern gefeiert? Christus hat sich auf unsere tiefste menschliche Dunkelheit eingelassen und hat in seiner Auferstehung den Tod besiegt. Damit hat Er unserem Leben eine dauerhafte Strahlkraft geschenkt!
Das wurde mir an diesem regnerischen Morgen am Fenster ganz bewusst. Meine weiteren Exerzitientage waren dann übrigens begleitet von einem schönen, regenfreien Sonne-Wolken-Mix, aber die Erfahrung der Regentage möchte ich nicht missen.
Sr. Silvia-Johanna
Zeitlos wertvoll

In der Fernsehwerbung sah ich zufällig, dass eine Kosmetikfirma jedes der Haarpflegeprodukte einer neuen Serie als „wahren Schatz“ anpreist. Ob sich diese Aussage nun auf die besonders wertvollen Ingredienzien oder auf den glänzenden Zustand der Haarpracht nach der Anwendung bezieht, weiß ich allerdings nicht.
Mich erinnerte dieser Werbespot sofort an eine Stelle aus dem Matthäusevangelium (6, 19-21): Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Woran hängt mein Herz? Was (oder wer) nimmt einen großen Raum in meinen Gedanken ein? Was ist mir so wichtig, dass ich dafür anderes aufgeben würde? Wofür bin ich bereit, Mühe, Kraft und Zeit einzusetzen oder auch Geld zu investieren? Partnerschaft und Familie? Ein durchtrainierter Body? Gesundheit? Der Glaube? Freunde? Beruflicher Erfolg und Wohlstand? Modisches Styling? Erinnerungen? Unterwegs sein in angesagten Locations? Gott? Soziales Engagement? Das Durchsetzen meiner Vorstellungen und Ideen? Ein Hobby? Mein persönliches Wellness-Feeling? Ansehen und Anerkennung? …?
Mir sind solche Fragen ab und zu eine Hilfe, zu erkennen, ob Prioritäten in meinem Leben sich verschoben haben, und sie wieder neu zu ordnen.
Wie würden Sie antworten?
Sr. Silvia-Johanna
Nimm dir ab und zu eine stille Stunde,
wo du in Gedanken ganz bei dir sein kannst und deine Seele Flügel hat,
um das Lied der Amsel zu hören, die Sterne am Himmel zu zählen und der Morgen dir hell aufleuchtet.
Schw. Gertrud Uekötter
Nichts kann wichtiger sein,
als Gott zu begegnen, das heißt,
sich in ihn endgültig und vollkommen zu verlieben.
Dasjenige, in das du dich verliebst, fesselt deine Vorstellungskraft und hinterlässt schließlich überall seine Spuren.
Daran wird sich entscheiden, was dich morgens aus dem Bett holt, was du bei Sonnenuntergang tust,
was du an deinen Wochenenden machst, was du liest, was du weißt, was dein Herz bricht und was dich mit Freude und Dankbarkeit überwältigt...
Verliebe dich!
Bleibe in der Liebe!
Und alles wird anders sein.
Pedro Arrupe