25.11.2021
begnadet - Gedanken zum Advent 2021

Begnadete Redner, Schauspieler, Künstler, … So bringen wir zum Ausdruck, dass jemand ein außergewöhnliches Talent, eine besondere Gabe geschenkt bekommen hat.
Als der Engel Maria verkündet, dass sie Gottes Sohn empfangen und zur Welt bringen wird, spricht er auch sie so an: „Sei gegrüßt, Du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ (Lk 1, 28) Es scheint, als sei „begnadet“ ganz besonderen Menschen vorbehalten. So dachte ich jedenfalls, bis ich einmal eine Predigt über diese Bibelstelle hörte, in welcher der Pfarrer seine Zuhörer ermutigte, sich diesen Satz ganz persönlich zusagen zu lassen. Ich? Begnadet? Das hat mich lange beschäftigt, so sehr, dass es mich seither die Advents- und Weihnachtszeit anders und intensiver als vorher erleben lässt.
Ein Ausspruch von Angelus Silesius kam mir in den Sinn: „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, doch nicht in dir – du gingest ewiglich verloren.“ Bei mir, ja in mir, in jedem und jeder von uns will Christus ankommen und geboren werden! Nicht nur das – mir wurde deutlich bewusst, dass Gott auch mir mit all meinen Schwächen und Fehlern, mit meinen Stärken und Möglichkeiten zutraut, dieses empfangene Leben und Seine Liebe weiterzugeben an die Menschen, die mir täglich begegnen. In diesem Sinne darf ich dazu beitragen, Ihn in der Welt erfahrbar zu machen, und wird mein Leben fruchtbar sein. Wenn ich versuche, mich im Advent darauf einzulassen, Ihn wirklich in mein Leben kommen zu lassen, wird das Auswirkungen auf mein Leben haben. Auf diese Weise wird die Advents- und Weihnachtszeit nicht nur eine jährlich wiederkehrende Zeit im Kalender sein, sondern meine Haltung prägen, die mein Leben bestimmt, auch wenn die Weihnachtslieder verklungen sind und die Weihnachtsatmosphäre sich längst verflüchtigt hat.
Advent heißt Ankunft. Darum geht es. Lassen wir Christus in uns ankommen! Denn wie ein Rabbi in einer jüdischen Geschichte sagt: „Gott wohnt, wo man Ihn einlässt.“
Eine gesegnete Adventszeit!
Sr. Silvia-Johanna