„Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?“ (Lk 18, 8)
Ehrlich gesagt: Diese Frage stelle ich mir selbst auch oft, wenn ich mich so umschaue in der Welt, die mir durch die Medien ja ganz nahe kommt.
Meint jemand in einem Gespräch „Es geht doch auch gut ohne Gott.“, kann ich mir den ironischen Kommentar „Das sieht man ja!“ manchmal nicht verkneifen. Kriege, Flüchtlinge, Klimawandel, Corona, zunehmende Gewaltbereitschaft und rechtes Gedankengut auch im eigenen Land, in vielen Ländern Politiker, denen die eigene Macht über alles geht – die Liste lässt sich leider ohne Anstrengung weiterführen.
Auf der anderen Seite leeren sich die Kirchenbänke, und immer neue Statistiken führen uns vor Augen, dass die Zahl der Menschen, für die der Glaube an Gott eine Bedeutung für das eigene Leben hat, immer geringer zu werden scheint. Die Frage, ob da ein Zusammenhang besteht, drängt sich mir fast auf.
Interessanterweise steht die anfangs zitierte Frage Jesu nach dem Glauben am Ende eines Abschnitts im Lukasevangelium, in dem Jesus seine Jünger durch ein Gleichnis auffordert, allezeit zu beten und darin nicht nachzulassen, sondern wirklich hartnäckig zu sein. Gebet und Glaube bedingen sich offenbar gegenseitig. Wenn ich auf mich selbst schaue, erkenne ich, dass da etwas dran ist. Ich bete nicht nur, weil ich glaube – ich bin überzeugt, dass es auch umgekehrt ist: Ich glaube, weil ich bete.
Beten stärkt meinen Glauben und hat darum Auswirkungen auf mein Verhältnis zu meinen Mitmenschen, zur Umwelt und zu mir selbst. Wenn ich wirklich glaube, dass auch die anderen Menschen von Gott geliebt und einzigartig für ihn sind, dass die Natur seine Schöpfung ist, beeinflusst das meine Haltung zum Leben und mein Verhalten.
Mein Beten rettet nicht sofort die Welt, aber mich verändert es auf Dauer. Das ist doch schon mal ein Anfang! Die Welt verändern kann ich nur, wenn ich bei mir beginne. Und stellen Sie sich mal vor, was möglich ist, wenn das Kreise zieht … Weil ich daran glaube, bleibe ich dran und lasse nicht locker.
Sr. Silvia-Johanna