Haben Sie auch manchmal den Eindruck, unsere Welt verändere sich in so rasantem Tempo, dass Sie gar nicht mehr hinterherkommen? Mir geht es jedenfalls so. Und längst nicht alle Veränderungen sind solche zum Guten. Die Welt scheint in einem dauerhaften Krisenmodus zu sein. Was uns in der Vergangenheit noch selbstverständlich und sicher war, ist es heute längst nicht mehr. Noch gestern Abend schaltete ich zufällig in eine Radiosendung für Kinder, in denen bereits Grundschüler ihre Ängste vor der Zukunft formulierten. Das hat mich schon sehr betroffen gemacht.
Wie viele Menschen nehme ich bei mir ein verstärktes Bedürfnis nach Halt und Kontinuität in allen Unsicherheiten wahr. In dem Zusammenhang muss ich oft an meine Mitschwestern denken, von denen viele 85 Lebensjahre längst überschritten haben. Wie sehr hat sich allein ihr Ordensleben in all den Jahrzehnten verändert! Und dazu noch Kriegserfahrungen, manch schwere Lebensgeschichte und all die Veränderungen in der Gesellschaft im Laufe ihres langen Lebens! All das haben sie überstanden, und die allermeisten sind trotzdem (Oder gerade deshalb?) frohe, heitere, dankbare, weise ältere Damen geworden. Ich glaube, möglich wurde das durch gute Beziehungen und die Erfahrung, dass sie in Gott Halt finden. Er ist da und bleibt derselbe in allen äußeren Veränderungen, egal, was passiert.
In der Meditation gibt es diese kostbaren Momente, in denen mir die Gegenwart Gottes kurz plötzlich ganz bewusst ist. Selbst über die Zeit der Meditation hinaus, im ganz normalen Alltag, verlässt mich diese Gewissheit nicht mehr völlig. Beim Meditieren versuche ich, einfach in Stille vor Gott da zu sein und mich mit aufkommenden Gedanken nicht zu befassen, sondern mich von ihnen zu lösen, wenn ich sie bemerke. Innerlich wiederhole ich im Rhythmus des Atems beim Einatmen den Namen „Christus“, beim Ausatmen „Jesus“. So einfach, so herausfordernd. Da ich dieses Gebet bereits seit mehreren Jahren einübe, stellt es sich inzwischen wie von selbst ein, wenn ich mal allein spazieren gehe, vorm Einschlafen, beim Bügeln oder Spülen. Ich glaube, dass ich auf diese Weise in Verbindung zu Gott bin und sich meine Aufmerksamkeit für seine Gegenwart in meinem Leben auf Dauer vertieft. Ich bin sicher, dass mir – neben telefonischen Kontakten - das durch die schwere Anfangszeit der Coronakrise mit den Lockdowns und auch durch meine aktuelle Coronaerkrankung mit der Einsamkeit durch fehlende Kontakte und soziale Aktivitäten, geholfen hat und hilft. Gott an unserer Seite zu wissen, lässt mich bei allem Ungewissen in den gegenwärtigen Krisen nicht verzweifeln. Mit dieser einfachen Form des Gebetes kann ich mich an Christus festhalten und mich von Ihm tragen lassen. Im Hebräerbrief (13,8) heißt es: Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. In allen Veränderungen um uns herum! Diese Verbindung hält und trägt!
Sr. Silvia-Johanna