Gerade hatte ich mir am Neujahrsabend eine Kerze angezündet und es mir in meinem Sessel gemütlich gemacht, um einen satirischen Jahresrückblick im Radio zu hören, als ich plötzlich von Dunkelheit und Stille umgeben war. Zack – Licht aus, Ton weg! Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass es in der gesamten Nachbarschaft stockdunkel war. Stromausfall! Wie gut, dass zumindest meine Kerze brannte! In deren Schein suchte ich meine Taschenlampe, zog einen Jogginganzug über, weil ich bereits im Schlafanzug war, und machte mich auf, um nachzusehen, ob meine Mitschwestern Hilfe benötigen. Zum Glück nahmen sie die Lage mit Humor, und allen ging es gut.
So konnte ich später die Stille und den Kerzenschein durchaus genießen und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Die Erfahrung von Dunkelheit gehört zum Leben. Auch zum Glaubensleben. Auf einmal – manchmal sogar ohne erkennbaren äußeren Anlass – plötzliche Dunkelheit! Licht aus! Als hätte jemand den Stecker gezogen und damit meine Verbindung zu Gott plötzlich gekappt. Und von mir aus kann ich nicht viel tun, um es wieder heller zu machen. Ich tappe im Dunkeln und taste mich nur schrittweise vorwärts. Dann hilft häufig nur, es durchzuhalten, den Kontakt zu Gott meinerseits nicht abreißen zu lassen und mich daran zu erinnern, darauf zu vertrauen, dass irgendwo ein Licht für mich leuchtet, obwohl ich es gerade nicht spüre. Nach einiger Zeit schwindet die Dunkelheit. Manchmal wird es sogar heller als zuvor. In solchen Momenten wurde mir irgendwann deutlich, wie wahr das Zitat von Frere Roger Schutz ist, das mir ein weiser Mensch zu Schulzeiten ins Poesiealbum schrieb: In düsteren Zeiten, wenn sich der Sinn deines Lebens verflüchtigt, flackert ein Licht, hell genug, deine Nacht zu erleuchten. Denn darin besteht der Sinn deines Lebens – geliebt zu sein für immer, geliebt bis in die Ewigkeit, damit du deinerseits grenzenlos liebst.
Als ich so bei meiner Kerze saß, fiel mir die Strophe eines bekannten Kirchenliedes ein:
Gott liebt diese Welt. Ihre Dunkelheiten hat er selbst erhellt. Im Zenit der Zeiten kam sein Sohn zur Welt. (Walter Schulz)
Genau das haben wir vor wenigen Wochen an Weihnachten gefeiert. Gott überlässt uns und seine Welt nicht der Dunkelheit. Was für ein Segen!
Am Neujahrsabend kam das Licht übrigens nach etwa zwei Stunden ganz plötzlich wieder zurück. Wie im Leben!
Sr. Silvia-Johanna