Wir Deutschen scheinen ein ratefreudiges Volk zu sein. Jeden Tag läuft auf einem Fernsehprogramm mindestens eine Quizshow. Zur besten Sendezeit stellen sich mehr oder weniger prominente Kandidaten mehr oder weniger kniffeligen Fragen. Egal ob jemand Hoffnung hat, seine Allgemeinbildung aufzupeppen, Unterhaltung sucht oder sich einfach nur entspannen will - Raten ist „in“. Fast automatisch kommt mir dazu der Refrain eines alten Liedes von Hape Kerkeling in den Sinn: „Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandidaten. Das ganze Leben ist ein Quiz, ja, und wir raten, raten, raten.“
Ich weiß nicht, ob Hape Kerkeling dabei in erster Linie an die wirklich wesentlichen Fragen gedacht hat, aber irgendwann in ihrem Leben stellen sich die meisten Menschen Fragen, die sich weder erraten noch leicht beantworten lassen.
Wozu lebe ich? Wofür möchte ich leben? Wer bin ich? Was ist mir wirklich wichtig? Glaube ich und wenn ja, woran? Warum gibt es Leid? Oder ganz aktuell: Können wir das Weltklima noch retten? Was kann ich dazu beitragen? Warum bleibe ich in der Kirche oder eben nicht? Die Liste lässt sich wohl endlos fortführen …
Bei diesen Fragen hilft mir weder das Internet noch ein Publikumsjoker. Ich kann und muss sie für mich selbst beantworten. Häufig suche ich lange nach einer Antwort. Oft muss ich darum ringen, manchmal wird sie mir plötzlich geschenkt. Aber auf viele Fragen finde ich einfach keine Antwort. Das zu akzeptieren, fällt mir oft schwer. Es gibt eine Bibelstelle, die mir dann hilft, weil sie mir gerade nicht Vertröstung, sondern Trost ist. Vor seinem Leidensweg spricht Jesus mit seinen Jüngern über den drohenden Trennungsschmerz und die Freude des Wiedersehens nach seiner Auferstehung. In Joh 16,22+23 heißt es: So seid auch ihr jetzt bekümmert, aber ich werde euch wiedersehen; dann wird euer Herz sich freuen, und niemand nimmt euch eure Freude. An jenem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen.
Diese Verheißung entbindet mich nicht davon, mich wichtigen Fragen zu stellen und mich damit auseinanderzusetzen, aber sie schenkt mir die Hoffnung, dass in der Begegnung mit Jesus eines Tages alle Fragen unwichtig werden, weil er die Antwort auf meine Fragen ist. Das lässt mich an den unlösbaren Fragen nicht verzweifeln.
Sr. Silvia-Johanna