Sehr selten löse ich zur Entspannung und zum Training meiner grauen Zellen mal ein Kreuzworträtsel.
Beim letzten Mal driftete ich allerdings gedanklich ab und stellte plötzlich fest, dass mich der Begriff „Kreuzwort“ beschäftigte. Ganz schnell landete ich beim Kreuz Christi und dabei, dass Christus uns durch sein Kreuz erlöst hat. Wie wahrscheinlich vielen Menschen erschien mir das in diesem Moment ein Rätsel zu sein. Und wie ist das mir den Erfahrungen von Kreuz im eigenen Leben? Wenn wir oder unsere Mitmenschen Schweres erleben und aushalten müssen, wenn unsere Pläne im wahrsten Sinne des Wortes durchkreuzt werden? Das und die Frage nach dem „Warum“ kennen wir alle nicht erst seit Corona und dem Krieg in der Ukraine.
Schon für die Menschen zu „biblischen“ Zeiten war das schwer zu verstehen. Auch sie setzten sich bereits damit auseinander: Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit. (1 Kor 1, 22-24)
Ich frage mich: Ist das Kreuz wirklich ein Rätsel? Ein Rätsel könnte ich eventuell durch intensives Nachdenken lösen. Wenn ich klüger wäre, käme ich ihm vielleicht durch wissenschaftliche Forschung auf die Spur. Wie viele rätselhafte Phänomene der Welt sind heute dank der Erkenntnisse im besten Sinne neugieriger Menschen mit Forschergeist und der (Natur-)Wissenschaft gelöst! Aber das Kreuz erschließt sich mir auf diese Weise nicht. Darum ist es für mich kein Rätsel, sondern – wie Gott selbst - ein tiefes Geheimnis, übrigens eines, von dem ich glaube, dass es zutiefst verbunden ist mit dem Geheimnis der Liebe und des Menschseins. Ein Geheimnis lässt sich nicht einfach verstehen. Es lässt sich nicht lösen oder erklären. Es verschwindet nicht, wenn ich darüber nachdenke. Ja, es wird beim Nachdenken und bei jeder Annäherung nicht kleiner, sondern immer größer und tiefer. Ich komme damit nie an ein Ende.
In ganz seltenen geschenkten Augenblicken, z. B. einem Moment des Gebets in der Stille, einem erhabenen Naturerlebnis oder beim Hören einer Musik, die mich im Innern berührt, kann es sein, dass in mir so etwas wie Klarheit aufblitzt. Diese so kostbaren Momente erfüllen mich mit Ehrfurcht und Demut und lassen mich etwas ahnen vom Geheimnis unseres Glaubens und des Lebens.
Sr. Silvia-Johanna