Innerhalb kurzer Zeit hat sich unser Leben weltweit dramatisch verändert. Aufgrund der Corona-Pandemie müssen wir alle mit drastischen Einschränkungen leben. Was fällt Ihnen am schwersten?
Sind Sie enttäuscht, weil der Sommerurlaub wohl in diesem Jahr sehr anders ausfallen wird? Vermissen Sie eine ausgiebige Shoppingtour? Fühlen Sie sich einsam, weil Kontakte zu Familie und Freunden nur sehr begrenzt möglich sind? Machen Ihnen die Auswirkungen der Krise wirtschaftliche Sorgen?
Trotz langsam einsetzender Lockerungen gebe ich zu, dass ich mich in meiner persönlichen Freiheit wirklich eingeschränkt fühle. Das Tragen der Atemschutzmaske lässt es mich sogar körperlich spüren: Ich fühle mich beengt. Auf der anderen Seite wird mir gerade in dieser Situation neu bewusst, wie sehr das System in unserem Land vom Gedanken der Freiheit geleitet ist. Wir können jede Partei wählen und heiraten, wen wir wollen, wir dürfen unsere Meinung frei äußern. Wir haben eine freie Berufswahl, können reisen, wohin wir wollen. In normalen Zeiten können wir hierzulande unser Leben wirklich frei gestalten.
Doch was ist Freiheit? Heißt frei sein, tun und lassen zu können, was ich will? Nach Mattias Claudius besteht die Freiheit darin, „dass man alles tun kann, was einem anderen nicht schadet.“ Ich würde sagen, dass meine Freiheit spätestens dort aufhört, wo die meines Mitmenschen beginnt.
Aber ist das alles? Im Brief an die Galater schreibt Paulus: Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von neuem das Joch der Knechtschaft auflegen (5, 1). Kurz drauf heißt es sogar: Ihr seid zur Freiheit berufen (5, 13). Eine Berufung zur Freiheit! Das klingt für mich nach viel mehr als nur äußerer Freiheit! Was kann mich alles versklaven? Das fängt vielleicht beim ständigen Blick auf mein Smartphone an, kann weiter gehen über meinen Umgang mit den weiteren Medien, dem Feierabendbier, Rauchen ... Es kann Beziehungen betreffen, die mir nicht gut tun, oder Verletzungen, die ich nach langer Zeit immer noch nachtrage. Auch wenn ich immer nur tue, was ich will, wird mich das wahrscheinlich nicht dauerhaft froh, sondern vielleicht sogar einsam machen, selbst wenn ich niemandem schade.
Ich glaube, wahre Freiheit ist eine innere Unabhängigkeit. Wenn ich zu Verzicht (einem anderen zuliebe) bereit sein kann, wenn ich mal bewusst „offline“ gehen kann, wenn ich Änderungen meiner Pläne und Vorhaben annehmen kann und trotzdem irgendwann innerlich froh sagen kann: Ich bin so frei … Vielleicht sogar in den Beschränkungen der aktuellen Krise!
Sr. Silvia-Johanna