Warum tue ich mir das überhaupt an? Vermutlich haben Sie sich diese Frage auch schon mal gestellt, wenn Sie mit Misserfolgen oder Rückschlägen konfrontiert wurden, Sie sich erschöpft und vielleicht überfordert fühlten, die Lage aussichtslos erschien oder Sie den Eindruck hatten, Ihr Einsatz werde von Ihren Mitmenschen als selbstverständlich angesehen und Ihnen nicht genügend gedankt.
Natürlich sind mir solche Situationen auch nicht fremd. Warum tue ich mir das an? Irgendwann ging mir auf, dass diese Frage für mich nicht wirklich hilfreich ist, weil meine Antworten darauf in der entsprechenden Stimmung durchaus trotzig oder fatalistisch ausfallen können – so nach dem Motto: Weil es niemand anders tut. Oder noch schlimmer: Weil ich mal wieder der Esel oder die Doofe bin (die nicht „nein“ sagen konnte – siehe erste Antwort). Ich stellte fest, dass es die falsche Frage ist. Seitdem frage ich mich: Für wen tue ich mir das an? Meine Antworten darauf sind mir dann zugleich neue Motivation: Für Schwester XY, die es selbst nicht mehr kann, für einen anderen lieben Menschen, für meine Gemeinschaft oder meine Familie, ja auch für Gott und seine Sache.
Warum tut Gott sich die Sache mit uns Menschen (immer noch) an? Mit Blick auf andauernde Kriege, Katastrophen, Raubbau an seiner Schöpfung und der daraus resultierenden Klimakrise, angesichts der vielen Menschen, in deren Leben Gott keine Rolle (mehr) spielt und die auch ohne ihn gut leben, drängt sich mir manchmal auch diese Frage auf. Da lohnt sich aus meiner Sicht ebenfalls die andere Fragestellung: Für wen tut Gott sich das an?
Für uns! Für uns Menschen, die er so sehr liebt, wird er unter armseligen Bedingungen selbst in Jesus Christus Mensch, setzt sich einem Leben als Wanderprediger aus, der so oft nicht verstanden und angefeindet wird und schließlich wie ein Verbrecher am Kreuz grauenvoll stirbt. Weil er für uns das Leben will, lässt er in seiner Auferstehung den Tod hinter sich und ist bei uns „alle Tage bis ans Ende der Welt“. (Mt 28,20) Seit über 2000 Jahren hat Gott unendliche Geduld mit uns. Aus Liebe wird er seine Menschen niemals aufgeben.
Sr. Silvia-Johanna